Jennifer B. Wind: Die Maske der Schuld

Die Österreicherin Jennifer B. Wind ist eine vielfältige Autorin:  Sie schreibt Romane für Jugendliche und Erwachsene, Drehbücher, Theaterstücke, Thriller und Krimis. Medizinische Motive thematisiert sie immer wieder in ihren Büchern. Mit dem 2020 erschienenen Thriller „Die Maske der Schuld“, der für den Fine Crime Award 2020 nominiert war, hat sie erstmals die Welt der Medizin zum Hauptthema gemacht – und das auf gelungene Weise. Wie sie auf das Thema kam und warum Medizin und Gesundheit sie besonders interessieren, erzählt Jennifer B. Wind hier im Interview.

Es handelt sich bei dem Band um den zweiten Fall einer Reihe um den unkonventionellen Ermittler Richard Schwarz. Leserinnen und Leser können  durchaus „quer“ einsteigen, auch ohne Kenntnis des ersten Bands ist die Geschichte durchaus verständlich, auch wenn der Wiedererkennungseffekt einiger Figuren wahrscheinlich mehr Spaß macht, wenn man die Bände chronologisch liest.

Leiche eines ehemaligen Polizisten

Eine Leiche mit schlimmen Verletzungen wird aus der Alten Donau gefischt, der Schädel weist Spuren einer erst kürzlich durchgeführten Hirnoperation auf.  Richard Schwarz und Paul Marek vom Landeskriminalamt Wien übernehmen die Ermittlungen – und sie haben den Toten gekannt: Es handelt sich um den ehemaligen Polizisten Jan Dorn, der wegen seiner schweren Erkrankung – er hatte Multiple Sklerose – den Beruf vorzeitig aufgeben musste und zuletzt auf einen Rollstuhl angewiesen war.

Ermittlungen in der Selbsthilfe-Szene

Die Ermittlungen führen Richard in Jans Selbsthilfegruppe, auf die der Polizist schon unabhängig vom aktuellen Fall wegen der Hinweise der Polizeipsychologin Theres Lend aufmerksam geworden ist. In dieser Gruppe, in der möglicherweise nicht alles mit rechten Dinge zugeht, setzen schwer kranke Menschen verzweifelt ihre Hoffnung auf die Versprechungen von selbsternannten Wunderheilern ebenso wie auf neue Substanzen der Pharmaindustrie. Auch wenn der LKA-Ermittler Schwarz gut mit seinen Recherchen vorankommt, ist ihm der Mörder doch immer einen Schritt voraus.

Ein paralleler Handlungsverlauf, der sich mit Richards Privatleben beschäftigt, informiert nicht nur vertiefend über die Vergangenheit des Polizisten und seine Zirkusfamilie, sondern erzählt auch die weitere Suche nach dem Mörder seiner Mutter, die schon im ersten Band eine Rolle gespielt hat. Der zügig vorangetriebene Plot bietet immer wieder unerwartete Wendungen – bis hin zu einer spannenden Auflösung, die in befriedigender Weise die verschiedenen Stränge zusammenführt.

Realitäsnähe

Eines der Markenzeichen von Jennifer Winds Büchern sind ihre sehr realitätsnahen Ermittlerhandlungen. Der Realitätsnähe bleibt sie auch in diesem Medizinthriller treu und schöpft erkennbar aus umfassender Erfahrung und gründlicher Recherche. Dass sich trotzdem ein paar Ungenauigkeiten, etwa bei Funktionsbezeichnungen im Gesundheitssystem oder beim Prozedere bei Medikamentenstudien, eingeschlichen haben, fällt nicht weiter ins Gewicht und tut dem Spannungsbogen keinen Abbruch. Sprachlich geht die Geschichte in kurzen Kapiteln flüssig und flott voran, gestolpert bin ich allerdings gelegentlich über recht bundesdeutsche Ausdrücke. Wenn da zum Beispiel immer wieder „geguckt“ wird, will das für mich nicht so recht mit dem durchaus authentischen Lokalkolorit der österreichischen Schauplätze zusammenpassen.

Aber ein gut gelungener Themenmix, ein geschicktes Verweben verschiedener Handlungsverläufe und ein Spannungsbogen, der sich auch aus häufigen Perspektivenwechseln speist und bis zum überraschenden Finale gut hält, sprechen für eine klare Leseempfehlung für „Die Maske der Schuld“.

Jennifer B. Wind, Die Maske der Schuld. Edition M 2020, ISBN-13 ‏: ‎ 978-2919804153

 

Zur Autorin: Jennifer B. Wind ist in Leoben geboren, aufgewachsen in Wien, wohnt im Bezirk Baden bei Wien. Die ehemalige Flugbegleiterin schreibt Romane für Jugendliche und Erwachsene (Thriller, Krimis, Fantasy, Mystery), Drehbücher, Theaterstücke, Rezensionen und Kurztexte und hat zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. Sie ist Mitglied bei den Mörderischen Schwestern e.V., dem Syndikat, den IG Autor/innen, der Kulturvernetzung Niederösterreich und den Österreichischen Krimiautor/innen (A.I.E.P.). www.jennifer-b-wind.com/wordpress-2019/

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